Liebe Sarah, du bist CSR-Managerin bei EDELRID – heißt das, in deinen Adern fließt grünes Blut?
Naja, nicht direkt grünes Blut aber vielleicht sehe ich die Welt manchmal durch eine etwas grünere Brille als andere [lacht].
Wie wird man CSR-Managerin? Ist dir Nachhaltigkeit persönlich sehr wichtig?
Ich war schon immer an gesellschaftlichen Themen interessiert – darum habe ich mich im Studium entschieden, den Master in Entwicklungsforschung zu machen. Damals, im Gegensatz zu heute, gab es noch keinen eigenen Studiengang für CSR beziehungsweise nachhaltiges Wirtschaften. Meine Abschlussarbeit habe ich bei bluesign® geschrieben – damit war dann mein weiterer beruflicher Werdegang ziemlich klar.
Und wie gefällt dir dieser eingeschlagene Weg?
Was ich an dieser Position als CSR-Managerin richtig gut finde, ist ein Unternehmen darin zu begleiten, sich bei der gesellschaftlichen Verantwortung weiterzuentwickeln. Letztlich ist dies ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geht. Und das finde ich ziemlich spannend.
Wie denkst du, können Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung umsetzen?
Ich denke im ersten Schritt ist es wichtig, zu verstehen, was bei der jeweiligen Geschäftstätigkeit genau passiert. In unserem speziellen Fall: Was läuft im Vorfeld, woher kommen die Ressourcen, was passiert bei der Herstellung und was sind die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft? Sobald man seine eigenen Prozesse ehrlich durchleuchtet und hinterfragt, findet man Ansatzpunkte, an denen man Einfluss nehmen kann.
Und was hat EDELRID daraus gemacht?
Zum Beispiel haben wir bei unserer eigenen Seilherstellung festgestellt, dass die entstehenden Reste und Abfälle wertvolle Rohstoffe sind. Hier haben wir angesetzt und nach Möglichkeiten geforscht, diese wieder in unsere Produktion zurückzuführen. Jetzt entstehen daraus z. B. neue Seile mit Recycling-Anteil oder ganz neue Produkte, bei denen die Reste eingearbeitet werden, wie unsere Rucksäcke mit Trägern aus Seilresten. Und diese Produkte sind sehr beliebt!
Und wie können wir außerhalb unserer eigenen Produktion Einfluss nehmen?
Wir achten beispielsweise bei unseren Lieferanten auf soziale und ökologische Standards. Uns selbst als Unternehmen, das auch Bekleidung vertreibt, lassen wir ebenfalls nach dem Standard von Fair Wear zertifizieren. Dabei wollen wir im Rahmen unseres eigenen Einkaufsverhaltens dafür sorgen, dass die Mitglieder unserer Lieferkette unter fairen Bedingungen arbeiten.
In der Öffentlichkeit entsteht manchmal der Eindruck, Nachhaltigkeit sei ein Trend, Stichwort Greenwashing. Wie stehst du dazu?
Das ist genau das Thema, das es einem manchmal so schwer macht. Wenn ein Unternehmen Maßnahmen umsetzt, um sich nur vordergründig für Nachhaltigkeit stark zu machen, geht der Schuss sicher nach hinten los. Unsere Anwender*innen treffen bewusste Kaufentscheidungen für oder gegen bestimmte Marken. Darum ist es uns so wichtig, dass unsere Maßnahmen transparent und nachverfolgbar sind. Auch wenn dies so manchen Prozess verlangsamt – letztlich ist es der ehrliche Weg.
Ähnlich ist es mit der Kompensation zum Verringern des CO2 Fußabdrucks. Ist Bäumepflanzen für dich eine Ausrede?
Ich möchte die Kompensation nicht grundsätzlich verurteilen. Immerhin ist es eine Maßnahme, die Bewusstsein schafft. Und manchmal ist es eben die einzige, vor allem kurzfristige Möglichkeit. Allerdings kann es für mich nicht funktionieren, wenn auf der einen Seite Bäume gepflanzt werden und auf der anderen Seite ohne Rücksicht weitergewirtschaftet wird. Für mich geht Kompensation immer auch mit einer gleichzeitigen Reduktion einher – also wo können beispielsweise beim Herstellungsprozess oder beim Versand CO2 und Ressourcen eingespart werden?
Wie hoch ist der Preis für nachhaltiges Wirtschaften für Unternehmen?
Aktuell ist nachhaltiges Wirtschaften leider noch recht aufwendig und teuer für Unternehmen, aber meiner Meinung nach ist der Preis dafür, nicht nachhaltig zu wirtschaften, der höchste. Den können wir uns alle künftig nicht mehr leisten. Ja, Entwicklungen und Prozessumstellungen sind aufwendig, komplex und erstmal teuer – aber vor dem Hintergrund der Ressourcenverknappung, der instabilen Lieferketten, des Klimawandels ist jeder Schritt in diese Richtung unausweichlich.
Jetzt kommt bei dir aber doch das grüne Blut durch! Wenn du drei Wünsche frei hättest, die Welt ein bisschen besser zu machen, was würdest du tun?
Also ich persönlich würde mir wünschen, den Klettersport so ausüben zu können, ohne weit mit dem Auto fahren zu müssen und ohne Müll zu produzieren. Dann träume ich davon, dass es einen Rohstoff gäbe, der nicht endlich ist und der kein Müllproblem darstellt. Und dann würde ich mir noch wünschen, dass die Themen CSR und Nachhaltigkeit von den Unternehmen als auch Konsument*innen mehr und mehr gelebt werden und immer fester in unserer Gesellschaft verankert und selbstverständlich werden.
Hast du einen Tipp für andere Unternehmen und für die Kletternden selbst?
Unternehmen würde ich empfehlen: Bezieht eure Mitarbeiter*innen mit ein – sie kennen die Prozesse am besten und wissen, was man optimieren kann.
Für alle Kletterbegeisterten empfehle ich: Nutzt eure Ausrüstung so lange wie möglich – z. B. kürzt das Kletterseil bevor ihr es wegwerft, natürlich nur, wenn es noch den Sicherheitsstandards entspricht. Und tauscht Einzelteile aus und nicht ganze Produkte, z. B. die textilen Schlingen von Express-Sets, solange die Karabiner noch gut sind. Das lange Nutzen von Gegenständen ist meiner Meinung nach einer der besten Wege, um den Konsum zu reduzieren und nachhaltiger zu leben.