Klettersteiggehen als relativ einfacher Zugang in die Vertikale erfreut sich großer Beliebtheit. Dabei dient das Klettersteigset der Sicherung im Falle eines Sturzes. Im Folgenden soll beleuchtet werden, wie ein Klettersteigset funktioniert und wie ein Sturz in der Praxis aussieht.
WIE FUNKTIONIERT DER FALLDÄMPFER EINES KLETTERSTEIGSETS?
Ein Klettersteigset besteht aus Karabinern, die in das Drahtseil eingehängt werden, Lastarmen, die den Bewegungsspielraum ermöglichen, einem Falldämpfer, der die Kräfte bei einem Sturz dämpft, und der Einbindeschlaufe, mit der die Verbindung zum Gurt hergestellt wird.
1. Klettersteigkarabiner | 2. Elastische Äste | 3. Swivel | 4. Bandfalldämpfer | 5. Einbindeschlaufe
Der*die Klettersteiggeher*in steigt am Drahtseil entlang und hängt immer mindestens einen Karabiner ein. Wenn er*sie stürzt, fällt er*sie bis unter den letzten Klettersteiganker. Deshalb ist der Moment des Umhängens der heikelste und der, mit der potenziell größten Sturzhöhe. Klettersteige müssen nach der europäischen Norm EN 16869 so gebaut sein, dass maximal eine Fallhöhe von fünf Metern möglich ist. Diese Anforderung wird in der Norm für Klettersteigsets EN 958 abgeprüft.
Das Kernelement eines Klettersteigsets ist der Falldämpfer. Er verlängert den Bremsweg und begrenzt so die Kräfte bei einem Sturz. Die verbreitetste Konstruktion von Falldämpfern ist der Bandfalldämpfer. Er besteht aus zwei Bändern, die mit Bindefäden verwebt sind. Diese Fäden reißen dann unter Last auf und dämpfen so den Sturz.
Diese Konstruktion muss sehr präzise abgestimmt sein. Der Bandfalldämpfer darf der Norm entsprechend beim Reinsetzen bis 1,3 kN nicht aufreißen. Andererseits muss er den Fangstoß auf leichte Personen 40 kg) auf unter 3,5 kN dämpfen – bei einem Sturz mit fünf Metern Höhe. Das gleiche Set muss auch einen fünf Meter Sturz einer 120 kg Person innerhalb von 2,2 m und mit maximal 6 kN Fangstoß auffangen. Die dynamischen Anforderungen werden nach Norm mit einer geführten Fallmasse abgeprüft.
Weitere Details der Normprüfungen >
Die Norm stellt sicher, dass bei einem Sturz in ein Klettersteigset die Chance für lebensbedrohliche Verletzungen durch den Bremsvorgang klein sind und dass das Set genügend Festigkeit aufweist.
Ein realer Sturz an einem Klettersteig ist in der Regel kein freier Fall, sondern ein Sturz im Felsgelände. Er kann in drei Phasen unterteilt werden:
- Der*die Klettersteiggeher*in fällt am Drahtseil entlang zum nächsten Anker, bis sich die Lastarme des Klettersteigsets spannen. Hierbei ist ein Kontakt mit Tritt- oder Griffhilfen oder Absätzen in der Sturzbahn möglich.
- Der Bandfalldämpfer reißt auf und dämpft den Sturz.
- Der*die Klettersteiggeher*in prallt an die Felswand.
Führt man sich das vor Augen, wird klar, dass ein Sturz in ein Klettersteigset ein sehr hohes Verletzungspotenzial hat. Ein Klettersteigset ist daher stets als Notfallausrüstung zu betrachten. Deshalb ist es wichtig, sich an einem Klettersteig nicht an der Sturzgrenze zu bewegen und Kinder oder schwächere Personen in senkrechten Passagen zusätzlich mit dem Seil zu sichern, um einen Sturz auszuschließen.