160 Jahre EDELRID
Klettergeschichte made in Germany

Seit 160 Jahren stellen wir Kletterseile und Bergsportausrüstung in Isny im Allgäu her. 160 Jahre voller Höhen und Tiefen, Erfolge und Katastrophen. Wir wollten mehr über unsere Anfänge herausfinden, haben Archive durchforstet, Zeitzeug*innen interviewt und über die Landesgrenzen hinaus recherchiert. Hier entdeckt ihr, was hinter der einstigen Kordel- und Litzenfabrik von 1863 steckt und zu was EDELRID über die vielen Jahre geworden ist.

 

1863
1874
1899
1953
1959
1962
1973
1992
2000
2007
2016
2022
2023

Gründungsdatum:
13. Juni 1863

„Schachenmayer & Cie“, Litzen- und Kordelfabrik

Wilhelm Schachenmayer

Wilhelm Schachenmayer (1830 - 1874) lässt das Unternehmen im Isnyer Gewerberegister eintragen. Wer die anderen Gesellschafter der „& Cie“ (wie Compagnie) sind, ist nicht sicher belegt. Vermutlich sind hier bereits Carl Ridder (als Techniker) und Julius Edelmann (als Kaufmann) mit eingetragen. Das Unternehmen startet am Sauweiher.

1874

Edelmann & Ridder kaufen das Unternehmen mit acht Fabrikgebäuden für 20 000 Gulden. Wilhelm Schachenmayer beendet seine Teilhaberschaft und widmet sich seiner Familie. Er stirbt 1877 in Kempten.

1880

Die ersten geflochtenen Angelschnüre werden von EDELRID in Berlin vorgestellt. Dieses Produkt bildet neben Schnürsenkeln und Buchlitzen das Hauptgeschäft des Unternehmens.

1899

Carl Ridder setzt sich zur Ruhe und übergibt seinem Sohn Clemens Ridder das Unternehmen.

Im Ersten und im Zweiten Weltkrieg steht die Produktion in der Firma Edelmann & Ridder immer wieder still.

1914 bis 1918 wird Mattäus Benk zum Krieg einberufen. Seine Frau verkauft unter schwierigen Bedingungen weiter Schuhbändel. Im Zweiten Weltkrieg werden die vier Benk Brüder eingezogen. Alle kehren unversehrt aus dem Krieg wieder zurück.

Die Kinder der Familie Benk spielen etwa 1917 am Sauweiher Lazarett. Das von Vater Mattäus Benk gebaute Zelt steht vor dem ehemaligen Wohn- und Geschäftsgebäude der Firma Edelmann & Ridder. Rechts steht der älteste Bruder Carl.

1953

Carl Benk übernimmt die Firma als Komplementär. Helene Benk behält einen Anteil als Kommanditistin bis zu ihrem Tode.

Im selben Jahr entwickelt die Firma Edelmann & Ridder erste marktfähige Kernmantelseile für den Bergsport und revolutioniert damit die Sicherheit am Berg.

23. April 1959

Der erste Brand (am Sauweiher) zerstört die Produktionsräume fast vollständig.

 

Ein Notbetrieb wird wenige Tage später am Bahnhof eingerichtet. Wenige Monate danach zieht der Betrieb in den Neubau am Achener Weg um.

1962

Carl Benk entwickelt das bi-color-Seil, das er patentrechtlich schützen lässt. Die Erfindung bewährt sich auf vielen Expeditionen.

EDELRID wird erfolgreich als Marke registriert.

1964

Edelmann & Ridder bringt das erste Energie-Seil, auch Multi-Sturz-Seil genannt, auf den Markt. Das dynamische Bergseil, in der heute bekannten Form, war geboren.

1965

Das Unternehmen präsentiert den ersten Anseilgurt – vorerst nur im Brustbereich – und entwickelt dazu parallel zur Konkurrenz den Sitzgurt, der in den 70er-Jahren neue Wege des Klettersports ebnen sollte.

1973

Expressschlinge: Claus Benk, der damalige Besitzer von EDELRID, bringt die erste genähte Expressschlinge auf den Markt.

1977

Die von EDELRID entwickelte Technik des Zwillingsstranges wird bei der Seilproduktion als Standard weltweit verwendet.

3. Juli 1973

Es brennt zum zweiten Mal.

1992

Claus Benk stürzt vom Pferd und ist vom Hals ab querschnittsgelähmt. Sein Bruder Axel Benk führt die Geschäfte weiter.

1994

Durchbruch von Canyoning als Erlebnissportart. EDELRID entwickelt das schwimmfähige Seil dazu.

1996

EDELRID bringt ein Indoor-Kletterseil auf den Markt, das den Anforderungen von Kletterhallen im Dauerbetrieb gewachsen ist. Erste Kletterhalle Deutschlands befindet sich in Seltmanns, unweit von Isny.

2000

Die Entwickler*innen in der Seilproduktion bringen das 9,8-mm-Seil DYNALON heraus - zu diesem Zeitpunkt das dünnste Einfachseil.

2001

In diesem Jahr endet die Geschichte des familiengeführten Unternehmens. Der Betrieb wird an den damals größten Seilhersteller der Welt „The Rope Company Ltd.“ nach Großbritannien verkauft.

2006

EDELRID wird von Albrecht von Dewitz, dem Gründer von VAUDE, übernommen.

Die Edelmann & Ridder GmbH wird umfirmiert zur EDELRID GmbH & Co. KG.

2007

EDELRID präsentiert den ersten faltbaren Kletterhelm MADILLO.

2009

Als erste Herstellerfirma von Seilen erfüllt EDELRID den bluesign® Umweltstandard.

2015

Gründung der USA Niederlassung in Redmond/Oregon.

2016

EDELRID stellt das OHM-Sicherungssystem vor und revolutioniert damit das Klettern in Seilschaften mit Gewichtsunterschieden. Am Standort Isny werden Produktion, Werkstatt und Labor erweitert.

2017

Fusion mit der Kletterschuhmarke Red Chili, die unter dem Dach von EDELRID weitergeführt wird.

2018

Der erste Teil des neuen Verwaltungsgebäudes am Firmenstandort in Isny wird fertig.

Das zweite neue Verwaltungsgebäude mit neuesten ökologischen Standards wird fertig.

Kauf von ABS:

EDELRID übernimmt die Marke ABS, Hersteller von Lawinenrucksäcken. Damit erweitert die Gruppe ihr Portfolio auch im Wintersport.

Digitale Veränderung: EDELRID richtet mit einem Webshop für Endkunden einen direkten Zugang zu den Produkten ein. Die Marke Red Chili wird modernisiert.

Und die Zukunft?

„Das, was wir in 160 Jahren aufgebaut haben, wollen wir in eine beständige Zukunft tragen. EDELRID soll für Wissen und Verantwortung in der Vertikalen stehen und für alle einen Mehrwert bieten, die sich in der Vertikalen bewegen.“ - Vitus Wuhrer, Geschäftsführer

Frauen bei EDELRID

Über viele Jahre waren es vor allem Frauen, die die Produktion bei EDELRID am Laufen hielten. In der Näherei, in der Konfektion und im Büro arbeiteten über 80 Prozent weibliche Kräfte. Viele in Teilzeitanstellungen und mit fließenden Arbeitszeiten. Geschäftsführerin Maria Benk hatte großes Verständnis für Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen mussten.

Klettern war über viele Jahre ein Männersport. Umso verblüffender: Theresia Benk war schon vor über 100 Jahren als einzige Frau mit den Isnyer Bergfreunden unterwegs – auch im Gebirge immer mit Rock.

Theresia Maria Ridder (1844 bis 1897, geborene Edelmann)

Die Verbindende – „Edelmann & Ridder“ ganz privat

Sie ist die Schwester von Julius Edelmann und heiratet Karl Ferdinand Ridder. Damit schafft sie auch eine familiäre Verbindung zwischen den gut befreundeten Geschäftspartnern. Leider stirbt sie mit 53 Jahren bei der Geburt ihres 5. Kindes (Theresia Ridder).

 

Theresia Benk (1879 bis 1958, geborene Ridder)

Die Fleißige – das „Fabrik-Weib“ der Firma

Nach dem Tod ihres Bruders Clemens soll die jüngste Tochter der Familie die Fabrik übernehmen. Das ging damals allerdings nur als Mann. Daher heiratete sie den ihr unbekannten Mattäus Benk – der zu diesem Zeitpunkt eigentlich lieber ins Kloster wollte. Die beiden bekommen fünf Kinder. Über die Kriegsjahre hält sie mit kleinen Verkäufen das Geschäft aufrecht. Bis ins hohe Alter sitzt das „Fabrik-Weib“ im Dachgeschoss der Firma und zählt Schuhbändel in Verkaufsmengen ab.

 

Maria Benk (1910 bis 1998, geborene Krauss)

Die Eiserne – eine geborene Chefin

Die Tochter eines Spirituosenhändlers ist noch minderjährig, als ihre Mutter stirbt. Die selbstbewusste junge Frau (mit Abitur und Führerschein) verliebt sich in den Fabrikantensohn Carl Benk. Gegen den Willen ihres Vaters heiratet sie den „Nichtsnutz“ und führt an seiner Seite die Firma über 50 Jahre durch sämtliche Krisen: 1959 brennt die Produktion, 1973 der ganze Betrieb vollständig ab. Ihr Mann stirbt mit 57 Jahren an Kehlkopfkrebs, ihr ältester Sohn hat einen Reitunfall und ist danach vom Hals ab querschnittsgelähmt. Maria Benk ist ab dem ersten Tag in Büro und Betrieb „die Chefin“. Über Jahrzehnte steckt sie ihre ganze Energie in das Unternehmen und sorgt an der Seite ihres Mannes und ihrer beiden Söhne Claus und Axel für Ordnung und Disziplin im Büro.

 

Helene Benk (1911 - 2009, unverheiratet)

Die stille Kraft – im Hintergrund

Sie wohnt ihr ganzes Leben lang am Sauweiher und trägt alle Höhen und Tiefen der Firma als Angehörige, Bürokraft und Teilhaberin mit. Die fleißige Frau und Schwester von Carl Benk ist sehr gläubig und findet ihr Glück als Organistin in der katholischen Kirche.

 

Helga Benk (1939, geborene Staudacher)

Die tapfere Begleitung – bis zum Schluss

Die sprachbegabte Frau des Geschäftsführers Claus Benk (1938 bis 2021) ist in der Lohnbuchhaltung beschäftigt und unterstützt ihren Mann bei internationalen Reisen. Sie hält dem Vater von vier Töchtern den Rücken frei. Ihre größte Leistung erfolgt nach 1992, als Claus Benk vom Pferd stürzt und fortan vom Hals ab querschnittsgelähmt ist. Sie pflegt ihn 29 Jahre lang zu Hause bis zu seinem Tod.

 

Die Geschichte des Bergseils

Klettern ist eine recht junge Sportart im Gegensatz zu Ringen, Polo oder Hockey.

Berge wurden äußerst selten und aus religiösen oder politischen Motiven bestiegen. Erst um 1850 entdeckte eine britische Gruppe ein sportliches Interesse an den Alpen. 1857 gründete sich der erste Alpenclub (in London). Mehr als zehn Jahre später stellte der österreichische Arzt und Bergsteiger Emil Zsigmondy fest:

„Der wichtigste Schutz gegen alle objektiven und subjektiven Gefahren der Alpen ist das Seil.“

Frühe Alpinisten verwendeten Hanfstricke zum Abseilen, Sichern und Queren. Vorher, zum Beispiel bei der Erstbesteigung des Mont Blanc im Jahr 1786, nutzten die Menschen Seile eher zum Transport der Ausrüstung. Erst 14 Jahre später, bei der Erstbesteigung des Großglockners, wurde die Verwendung von fixierten Bergseilen zum ersten Mal erwähnt.

Erst Ende des 19. Jahrhundert beginnen Bergführer, ihre Kunden mit Seilen zu sichern. Bergsteiger steigen mit teils abenteuerlichen Konstruktionen ab. Die Mauerhaken kommen auf und machen den Vorstieg vermeintlich sicher.

Das Problem: Hanf war spröde, faulte von innen, wurde bei Kälte steif und dehnte sich nicht.

Auch Julius Edelmann experimentierte wohl mit Naturfasern, kam aber zu keinem brauchbaren Ergebnis. Um 1940 treffen die ersten gedrehten Nylon-Seile aus Amerika in Europa ein. Wenig später steigt die Kordel- und Litzenfabrik „Edelmann und Ridder“ in die Produktion mit ein. Das genaue Jahr ist unbekannt.

Sicher ist: Carl Benk kaufte recht früh Flechtmaschinen und stellte in der Fabrik am Sauweiher erste Bergseile aus Perlon her. Seine Stärke: Der Austausch mit Sportlern und Technikern. 1953 entwickelte er das erste Kernmantelseil für den Bergsport. Eine bahnbrechende Veränderung, die eine neue Ära in der Geschichte der Sicherung im Bergsport einläutet.

Das Prinzip: Der Mantel schützt den Kern gegen Kälte, Feuchtigkeit und Reibung an scharfen Kanten. Mit der Entwicklung des dynamischen Multisturzseils (1964) reduziert sich der Ruck bei einem Sturz auf den Körper auf ein erträgliches Maß (Fangstoß).

Der Trick: Gedrehte, robuste Zwirne aus Polyamid im Kern nehmen die Sturzenergie bei einem Fall auf. In den folgenden Jahren entwickelt das Unternehmen immer bessere Varianten, tüftelt an Imprägnierungen und mischt bei Prüfsiegeln und Normen mit.

Ausbildung bei EDELRID

Unsere Azubis Chiara, Mehrdad und Lukas erzählen, was die Ausbildung bei EDELRID ausmacht. Neben spannenden und abwechslungsreichen Aufgaben ist es vor allem der besondere Teamspirit, der unsere Nachwuchstalente begeistert. Folgende Ausbildungsberufe kannst du bei EDELRID erlernen: 

  • Industriekaufmann*frau (mit Zusatzqualifikation)
  • Fachinformatiker*in Systemintegration
  • Industriemechaniker*in
  • Seiler*in

Du hast Lust auf eine Ausbildung bei EDELRID?