Die Seilklettertechnik sowie die Hubarbeitsbühne sind in der Baumpflege reine Zugangstechniken zum eigentlichen Job, nämlich den oder die Bäume zu schneiden, zu pflegen, zu erhalten und auch zu fällen. Doch auch, wenn es eine reine Zugangstechnik ist, hat die SKT auch ihre technischen Feinheiten. Und diese können einen großen Unterschied machen zwischen einem „passt schon“ oder „zum Glück gut gegangen“ und dem sicheren und dennoch effizienten Klettern mit technischen Hilfsmitteln, mit denen man solche Situationen entschärfen, umgehen oder auch einfach nur effizienter gestalten kann.

 

In diesem Beitrag geht es um Umlenkungen, welche wir nachfolgend für eine bestmögliche Übersicht versuchen zu kategorisieren. Wir unterteilen zum einen (logischerweise) in SRT (Single Rope Technique) und MRT (Moving Rope Technique) und im Weiteren auch nochmals innerhalb dieser beiden Kategorien. Wir arbeiten die Vor- und Nachteile heraus, um eine Hilfe zur Anwendung zu geben. Diese Übersicht verstehen wir als Hilfestellung, die den aktuellen Stand der Technik und Möglichkeiten widerspiegelt. Die Anwendung der Techniken sollte immer nach den Prinzipien „von niedrig nach hoch“ und „vom Einfachen zum Komplexen“ erfolgen und natürlich auf eigene Gefahr. 

 

Umlenkungen im Bereich der SRT unterscheiden sich zur MRT darin, dass sie keinen Einfluss auf die Seilreibung haben und somit auch mehrfach angewendet sowie kombiniert werden können. Wir unterscheiden bei diesen Umlenkungen in zwei Kategorien: in lose Umlenkungen (Gruppe A), bei welchen sich das Seil je nach Flexibilität des Umlenkpunktes noch bewegen kann, und in feste Umlenkungen (Gruppe B), bei welchen das Seil am Umlenkpunkt fixiert wird, um z. B. das Zusammenziehen der Ankerpunkte zu verhindern oder abzuschwächen. Im Nachfolgenden werden ein paar Umlenkungen aus beiden Kategorien aufgezeigt und mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt.

 

Im Bereich der MRT wird unterteilt in Umlenkungen mit Rolle und in Umlenkungen ohne Rolle, da dies der größte Unterschied in der Anwendung ist. Umlenkungen mit Rolle eignen sich, wenn ein großer Bereich mit viel Auf- und Abseilen abgearbeitet werden kann und soll. Umlenkungen ohne Rolle eignen sich, wenn für die letzte Seilstrecke noch eine Umlenkung sinnvoll eingebaut werden kann (ausbaubar) oder wenn für bspw. den zweiten Stämmling in der Oberkrone ein besserer Seilwinkel erzielt und die Gefahr eines Pendelsturzes minimiert werden soll.

 

Über eine sachliche Diskussion würden wir uns freuen und natürlich auch darüber, von euch und aus der Praxis noch etwas Neues zu lernen. Denn selbstverständlich kann unsere Auflistung nur beispielhaft sein und bildet natürlich nicht das gesamte Spektrum ab, welche Materialien (Schlingen, Karabiner und Rollen) verwendet werden können. 

 

Sebastian ist überzeugter Single Roper, der diese Technik deutlich mehr anwendet als Max. Daher hat er auch die Ausarbeitung dieses Teils übernommen, während Max den MRT-Teil verfasst hat. 

 

Max Soballa 
B. Sc. Arboristik
Selbständiger Baumpfleger
Produktentwickler für M&M Rope Solutions 
Spleißer und Papa

 

 

MRT-Umlenkungen

Ohne Rolle

Bandschlinge mit HMS-Karabiner

Pro Contra
Aufbau einfach und schnell Viel Reibung
Sehr geringer Materialaufwand (immer dabei) Muss oben ausgebaut werden
Gut geeignet, um einen Pendelsturz zu vermeiden Nicht geeignet, um viel zu klettern

Bandschlinge mit zwei Karabinern

Pro Contra
Aufbau relativ einfach und schnell Viel Reibung
Sehr geringer Materialaufwand (immer dabei) Kann nicht im System abgezogen werden
Vom Boden aus abziehbar Braucht immer eine Astgabel, um die Schlinge zu fixieren
Sehr effizient bei guter Routenplanung

Bandschlinge mit zwei Karabinern, Abziehkugel und Minikarabiner

Pro Contra
Geringer Materialaufwand Etwas komplexer
Kann im Baum abgezogen werden Begrenzt die nutzbare Seillänge

Mit Rolle

Karabiner, Bandschlinge und Doppelrolle

Pro Contra
Einfacher Aufbau Muss oben ausgebaut werden
Deutlich weniger Reibung Doppelrolle hat man nur für diesen Einsatzzweck dabei
Doppelrolle kann durch eine Pinto ersetzt werden Pinto: Mehr Reibung als mit der Doppelrolle (Bild Karabiner_Pinto)

Seilstück mit Blakeknoten, Doppelrolle, Karabiner und Minikarabiner

Pro Contra
Deutlich weniger Reibung Komplexer Aufbau
Kann im Baum abgezogen werden Begrenzt die nutzbare Seillänge
Eingeschränkte weitere Einsatzmöglichkeiten mit diesem Material

Verwendung einer Schlinge mit Ring

Pro Contra
Kann mit Rolle oder Karabiner genutzt werden Man hängt „nur“ in einer Schlaufe
Kann fix oder abziehbar installiert werden Bandschlinge ist vielseitiger in den Einsatzmöglichkeiten

SRT-Umlenkungen

Lose Umlenkungen

Umlenkung durch natürliche Gabeln

Pro Contra
Aufbau einfach und schnell Ankerpunkte werden zusammengezogen (Querbelastung je nach Seilwinkel)
Kein Material für den Einbau notwendig Kambium kann beschädigt werden
Von unten ausbaubar Seil muss durch die Gabel geführt werden
Teilweise schwierig durch die Gabel zurück zu kommen

Bandschlinge und Karabiner

Pro Contra
Schneller Einbau auch unter Last Ankerpunkte werden zusammengezogen (Querlastbelastung je nach Seilwinkel)
Seil muss nicht durchgezogen werden Nicht ausbaubar
Geringer Materialaufwand

Multisling und Karabiner

Pro Contra
Ausbaubar innerhalb des Baumes Ankerpunkte werden zusammengezogen (Querbelastung je nach Seilwinkel)
Seil muss nicht durch die Gabel geführt werden Aufbau etwas aufwendiger
Man braucht genügend Seil

Fixierte Umlenkungen

Bandschlinge, Karabiner, Halbmastwurf und Mastwurf

Pro Contra
Ankerpunkte können verspannt werden und sich so gegenseitig unterstützen Muss ausgebaut werden
Seil muss nicht durch die Gabel geführt werden Seil muss für den Einbau entlastet werden (möglich, aber technisch aufwendig)

Karabiner

Pro Contra
Aufbau einfach und schnell Biegebelastung am Karabiner
Ankerpunkte können verspannt werden Beschädigung des Kambiums möglich
Geringer Materialaufwand Muss ausgebaut werden
Seil muss nicht durch die Gabel geführt werden

Seilbucht mit zwei halben Schlägen

Pro Contra
Aufbau einfach und schnell Offenes System (kann aber durch einen Karabiner gesichert werden)
Kein Material erforderlich Aufmerksamkeit bei der Richtung der halben Schläge notwendig
Ankerpunkte unterstützen sich
Ausbaubar vom Boden oder in Variante B aus dem Baum
Seil muss nicht durch die Gabel geführt werden

Sebastian Sucker
Kronenläufer Baumpflege
Selbstständiger Baumpfleger
Ausbilder bei der Münchner Baumkletterschule