Quelle: https://www.alpenverein.de/bergsport/sicherheit/unfallstatistik/kletterhallen-unfallstatistik-2018_aid_34127.html
Weiches Sichern ist also speziell in Situationen mit hoher Reibung oder wenn die kletternde Person deutlich leichter ist, notwendig, um Anprallverletzungen zu vermeiden, allerdings schwierig, weil eine Gerätedynamik nicht möglich ist.
Abhilfe schafft hier ein aktives Verhalten der sichernden Person im Sinne einer verstärkten Körperdynamik. Springt der*die Sichernde im richtigen Moment dem Sturzzug entgegen, werden der Bremsweg verlängert, der Sturz dosiert gebremst und die Anprallgeschwindigkeit reduziert.
Testaufbau und Vergleich der Sicherungsmethoden
Um aufzuzeigen, dass das Verhalten des*der Sichernden entscheidend für den Fangstoß und die Anprallgeschwindigkeit ist und nicht die Reibung im System, haben wir vier Szenarien miteinander verglichen. Wir verwenden hierzu ein Fallgewicht von 65 kg, die sichernde Person wiegt ebenfalls 65 kg. Der Gewichtsfaktor in unserer simulierten Seilschaft ist also 1. Das Fallgewicht wird 1 m über die Umlenkung angehoben, die Umlenkung befindet sich in 7,5 m Höhe. An den meisten künstlichen Kletteranlagen entspricht dies der fünften Zwischensicherung. Der Sturzfaktor ist etwa 0,26. (Das Sicherungsgerät befindet sich auf etwa 1 m Höhe, von dort 6,5 m Seil bis zur Umlenkung und 1 m Seil, die das Gewicht über die Umlenkung angehoben wird. Also 2 m freier Fall geteilt durch 7,5 m Seil im System.) Um den Seildurchlauf im Gerät so gering wie möglich zu halten, verwenden wir ein halbautomatisches Sicherungsgerät.
- Im ersten Setup ist das System bis auf die Umlenkung reibungsfrei. Die sichernde Person verhält sich vollkommen passiv, reagiert also nicht willentlich auf den Sturzzug. Wir führen diesen Versuch dreimal durch und mitteln die an der Umlenkung gemessenen Kräfte. Der daraus ermittelte Wert beträgt 4,0 kN.
- Im zweiten Setup lassen wir die Rahmenparameter gleich. Dieses Mal springt der*die Sichernde jedoch im richtigen Augenblick ab, setzt also Körperdynamik ein, um den Fangstoß zu reduzieren. Der gemittelte Wert beträgt nun nur noch 2,9 kN. Allein durch Körperdynamik lässt sich der Fangstoß also um mehr als 25 % reduzieren.
- Im dritten Setup wollen wir nun untersuchen, ob sich Vorreibung im System oder das Verhalten des*der Sichernden stärker auf den Fangstoß auswirken. Um Vorreibung zu erzeugen, schalten wir ein OHM in die Sicherungskette. Das OHM erzeugt eine Vorreibung, die etwa einer Gewichtskraft von 20 kg entspricht und „macht den*die Kletternde*n damit effektiv etwa 20 kg leichter". Wie in der ersten Serie verhält sich die sichernde Person völlig passiv. Der gemittelte Wert nach drei Versuchen beträgt 4,6 kN. Der Fangstoß an der Umlenkung hat also im Vergleich zu reibungsarmen Situation um etwa 0,5 kN zugenommen.
- Das letzte Setup entspricht dem vorangegangenen, dieses Mal jedoch wieder mit aktivem Verhalten des*der Sichernden, also mit Einsatz von Körperdynamik. Erstaunlicherweise entsteht hier ein Fangstoß von nur noch 2,6 kN, also weniger als bei gleichem Verhalten in der reibungsarmen Situation. Die gemessenen Bremswege sind zudem niedriger als im zweiten Setup.